Der Rat der Stadt Bornheim ist der Empfehlung des Schulausschusses gefolgt und hat beschlossen, das Vergabeverfahren zur Errichtung eines Neubaus für die Heinrich-Böll-Gesamtschule aufzuheben.
Gesamtschule: Rat beschließt, Vergabeverfahren aufzuheben
Schulen & KitasAlleMerten27. Februar 2025
Die Stadt Bornheim und die politischen Gremien wissen um die schwierige Situation der beiden Schulen, umso bedauerlicher ist die Entscheidung des Rates, auf den Neubau der HBG in der vorliegenden Form zu verzichten. Ärgerlich ist auch, dass sehr viel Zeit und Geld in die Planungen des Objektes geflossen sind. Dennoch ist die Entscheidung mit Weitsicht getroffen worden. Denn in den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen in einer Weise verändert, dass die Realisierung eines solchen Objekts für die Stadt Bornheim nicht leistbar und in der Konsequenz auch nicht zu verantworten ist.
Die Ausgangslage vor sieben Jahren war klar. Der Bedarf eines Neubaus der Schule wurde von allen Beteiligten gesehen. Allgemein herrschte der Wunsch nach einem modernen Schulneubau. Bornheim kam gerade aus der Haushaltssicherung und die Finanzierungsmöglichkeiten schienen günstig. Über die lange Zeit der Planung an der Heinrich-Böll-Gesamtschule haben sich aber wesentliche Entscheidungsparameter geändert.
Insbesondere haben sich die Rahmenbedingungen geändert. Vor einigen Jahren bereits haben ebenso große wie unerwartete Ereignisse, etwa die Corona-Krise oder der Ukraine-Krieg, die Stadt sehr viel Geld gekostet und tun dies bis heute. Zudem werden den Kommunen immer mehr Aufgaben auferlegt, wie etwa der Anspruch auf einen Kitaplatz, der Anspruch von Grundschulkindern auf einen OGS-Platz oder die Versorgung von Geflüchteten. Den Großteil der Kosten haben aber am Ende die Kommunen zu tragen, weil die finanzielle Unterstützung von Land und Bund unzureichend ist und die Kosten nicht ansatzweise decken. Für einen Schulneubau gibt es derzeit keine direkten Förderprogramme, nur zinsverbilligte Darlehen. Das heißt, auch in diesem Punkt sind Kommunen auf sich allein gestellt. Der Fördermittelmarkt wird aber weiterhin beobachtet. Die Städte und Gemeinden sind deshalb chronisch unterfinanziert. Denn die Ausgaben der Städte und Gemeinden steigen seit Jahren stärker als ihre Einnahmen. Nicht zuletzt hat sich auch der Kapitalmarkt verändert, die Zinsausgaben steigen kontinuierlich an. Und schließlich ist zu befürchten, dass die Kommunen die seit dem Ukraine-Krieg ohnehin stark gestiegene Inflation auch in den kommenden Jahren spüren werden. Das alles hat in Summe zu Veränderungen des Haushaltes geführt.
Die geänderten Rahmenbedingungen machen es also zwingend notwendig, dass alle Projekte ungeachtet der eigenen politischen Schwerpunktsetzungen auf den Prüfstand gestellt und unter dem Kostengesichtspunkt kritisch beleuchtet werden müssen. Denn die Frage wird auch künftig sein müssen, was sich die Stadt unter den veränderten Bedingungen überhaupt noch leisten kann - aber auch abzuwägen, was die Konsequenzen sein würden, wenn man es nicht macht.
Die Kostenschätzungen für den Neubau der Heinrich-Böll-Gesamtschule waren binnen weniger Jahre „aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen" immer weiter gestiegen und hatten zum Schluss eine Größenordnung erreicht, die die finanzielle Leistungsfähigkeit unser Stadt - erst recht unter den geänderten wirtschaftlichen Bedingungen - bei weitem überstiegen hätte: Zum Projektstart im Jahr 2017 lag ein erster Kostenrahmen für eine Gesamtschule mit einer 4-zügigen Sekundarstufe 1 mit 2-zügiger Sekundarstufe 2 (ohne Grundstück) bei 31 Mio. Euro. 2018 ging eine Machbarkeitsstudie (4/2-Zügigkeit) von 39 Mio. Euro aus. Eine erste Kostenschätzung vom Generalplaner für eine 5/3 -zügige Gesamtschule ergab 2022 54 Mio. Euro. Eine Kostenberechnung der reinen Baukosten wies im August 2023 74 Millionen Euro aus - Ende 2023 wurden Gesamtkosten (also einschließlich Grundstück, Baunebenkosten, Ausstattung und Finanzierungskosten) in Höhe von rund 140 Millionen Euro errechnet. Auch einen zuletzt festgelegten Kostendeckel von 100 Millionen Euro hat kein Anbieter einhalten können, sodass eine Vergabe unweigerlich zu einer Überlastung des Haushalts geführt hätte.
Baukosten in dreistelliger Millionenhöhe hätten den städtischen Haushalt kurzfristig und auf Jahrzehnte hinaus massiv belastet und die Handlungsfähigkeit der Stadt für lange Zeit erheblich eingeschränkt. Zur Erinnerung: Der aktuelle Haushalt ist vom Rat unter der Maßgabe verabschiedet worden, dass die Verwaltung einen dauerhaften Konsolidierungsprozess durchführt. Zu Beginn der Planungen hatte man mit einem Negativzins kalkulieren können. Mittlerweile betragen die Zinsen wieder rund drei Prozent, sodass allein die Summe der laufenden Kosten wie Zinsen, Tilgung sowie Kosten für die Bewirtschaftung und die Unterhaltung sich auf jährlich rund 7,8 Mio. Euro belaufen hätten. Klar ist aber auch, dass ein Neubau dieser Größenordnung nicht nur zu einer massiven Überlastung des Haushalts geführt hätte, sondern in der Folge - durch deutlich steigende Hebesätze - auch zu einer aus Sicht der Verwaltung unzumutbaren Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger.
Entscheidungen zu überdenken, wenn sich wesentliche Rahmenbedingungen verändern, ist kein Zeichen von Fehlplanung oder Wankelmütigkeit, sondern gehört zu einer verantwortungsvollen Arbeit von Rat und Verwaltung. Deshalb war es richtig, den Neubau des Schwimmbades zu verschieben - auch wenn das bereits eine schwere Entscheidung war, die man aber schweren Herzens hat treffen müssen. Und deshalb war es jetzt auch richtig, den Neubau der Heinrich-Böll-Gesamtschule unter den veränderten Voraussetzungen zu prüfen, neu abzuwägen und eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen.
In Zeiten wie diesen ist es geboten, sich auf Projekte zu konzentrieren, die unabweisbar sind - etwa dafür zu sorgen, die Europaschule betriebsfähig zu halten. Bei der Schule handelt es sich um zum Teil 50 Jahre alte Infrastruktur. Die Sanierung zu verschieben oder gar nicht erst anzugehen, ist unter diesen Gegebenheiten keine Option.
Wie geht es weiter:
Klar ist, dass die Raumsituation beider Schulen sehr angespannt ist. Mit dem Ausbau der Oberstufe und dem Ausbau der Offenen Ganztagsschule (OGS) an der Grundschule wird es in Zukunft zunehmend schwieriger den Bedarfen gerecht zu werden.
Deshalb ist das Nein zum Neubau verbunden mit dem Auftrag an die Verwaltung, Alternativen zu prüfen. Ziel ist es, die erfolgreiche pädagogische Arbeit der Heinrich-Böll-Gesamtschule und der Martinus-Grundschule bestmöglich weiterzuentwickeln und insgesamt den Fortbestand beider Schulen zu gewährleisten. Unter anderem soll untersucht werden, ob ein Neubau einer Grundschule oder einer Gesamtschule wirtschaftlicher ist, wenn die jeweils andere Schule am bisherigen Standort saniert wird.
Die Prüfaufträge abarbeiten und in möglichst kurzer Zeit ein belastbares und finanzierbares Szenario entwickeln, soll eine interfraktionelle Arbeitsgruppe „Entwicklung Schulstandort Merten“, der die Verwaltung und die Politik angehören. Die Schulleitungen werden ebenfalls dazu eingeladen, um weiterhin aktiv an den Planungen beteiligt zu sein.